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Versammlung der Zürcher Jugendbewegung vom 4. Juni 1980 (Volkshaus, Zürich)

SignaturCD 12_2_3
BestandF_1000 Vollversammlungen Jugendbewegung Zürich [TON]
Bestandesbeschrieb

Zu Beginn der 1980er Jahre formierten sich in einigen Schweizer Städten bedeutende Jugendbewegungen. Im Zentrum der Forderungen standen eine stärkere Berücksichtigung ihrer kulturellen Bedürfnisse durch die öffentliche Hand und möglichst autonome Freiräume. In Zürich wurde der Kampf um ein Autonomes Jugendzentrum (AJZ) besonders intensiv geführt. Die Auseinandersetzungen wurden oft auf der Strasse und gewalttätig ausgetragen. Die tiefe Abneigung vieler Jugendlicher gegen hierarchische Strukturen äusserte sich auch in der Art, wie diese Jugendbewegung ihre Forderungen, Strategien und Aktionen festlegte: Nicht Leaderfiguren oder exklusive Führungszirkel entschieden über den nächsten Demonstrationstermin oder die Verhandlungstaktik mit der Stadt, sondern die für alle Interessierten zugängliche Vollversammlung. Das Sozialarchiv verfügt über Aufnahmen der ersten zehn Vollversammlungen aus dem Zeitraum zwischen dem Opernhauskrawall, der die Bewegung ausgelöst hatte, und der Eröffnung des AJZ an der Limmatstrasse. Die Aufnahmen entstanden zwischen dem 1. und 28. Juni 1980 in der Roten Fabrik, im Volkshaus, im Platzspitz Park oder im Festzelt vor dem Opernhaus. Die Vollversammlungen waren vor allem in der Anfangszeit Massenanlässe mit bis zu 3’000 Teilnehmenden. Trotz dieses grossen Andrangs und oft stundenlanger Debatten um strategische Finessen dürften die Vollversammlungen – neben dem Druck von der Strasse – wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Stadt nur einen Monat nach den Ereignissen vor dem Opernhaus der Jugend die Liegenschaft an der Limmatstrasse als Treffpunkt überliess. Nach rund 30-stündiger Debatte an zehn Vollversammlungen und mehreren Demonstrationen hat die Jugendbewegung ihr Hauptziel erreicht: Am 28. Juni 1980 wird das AJZ mit einer (leider nicht mehr überlieferten) Vollversammlung und einem Fest eröffnet.

Zu Beginn der 1980er Jahre formierten sich in einigen Schweizer Städten bedeutende Jugendbewegungen. Im Zentrum der Forderungen standen eine stärkere Berücksichtigung ihrer kulturellen Bedürfnisse durch die öffentliche Hand und möglichst autonome… — mehr...

AbstractTitel
An der Vollversammlung im Volkshaus kommt es zu einer ersten direkten Aussprache zwischen den Stadtbehörden und der Jugendbewegung. Anwesend sind rund zwei- bis dreitausend Jugendliche, der Stadtpräsident Sigmund Widmer (LdU) und die Vorsteherin des Sozialdepartements, Stadträtin Emilie Lieberherr (SP). Die Versammlung beginnt mit der Vorführung einer Kurzversion des Videofilms des Ethnologischen Seminars der Universität Zürich über den Opernhauskrawall. Der Autor Heinz Nigg kommentiert. Danach werden die Tagesschau und die Sendung Blickpunkt des Schweizer Fernsehens vorgeführt. Anschliessend wird im Namen des Ensembles des Theaters am Neumarkt eine Erklärung abgegeben und es findet eine Lesung von Texten des Schriftstellers Peter Paul Zahl statt. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung werden von Vertretern diverser Gruppierungen Erklärungen zur Situation in der Stadt abgegeben. Aufgegriffen werden das Drogenproblem, die Situation der Jugendtreffpunkte in den Quartieren, die unausgeglichene Verteilung der öffentlichen Kulturgelder, die Lehrlingsausbildung sowie der geplante Umbau von Opernhaus und Kongresshaus. Im weitern wird eine Kulturinitiative vorgestellt und über die Frage nachgedacht, was eigentlich Gewalt sei. Auch die Unterbrechung der Leitung der Telefonziitig und die Störung der Piratensender Schwarzi Chatz und Radio Banana durch die PTT wird erläutert. Über das richtige Verhalten im Falle einer Verhaftung wird ein Theater aufgeführt, ergänzt durch Präzisierungen von Anwältinnen und Anwälten. Es fällt der Satz: Wir sind die Kulturleichen der Stadt. Es wird die Verbannung der Polizeikader nach Moskau gefordert und ein Redner der Revolutionären Marxistischen Liga RML ausgepfiffen. Nachdem den anwesenden Regierungsvertretern ein Forderungskatalog vorgelegt wird, nehmen die Angesprochenen Stellung. Stadtpräsident Widmer spricht über das Vorgehen bezüglich Roter Fabrik (keine Autonomie), verlangt die Nennung eines Ansprechpartners und bietet das Lokal Limmatstrasse 18, 20 als Versammlungslokal an, möchte dort aber kein Chaos. Er macht die bekannte Äusserung: Es ist nicht selbstverständlich, dass wir hier herunter kommen. Emilie Lieberherr macht zum Gesagten Erläuterungen. Die Vollversammlung verlangt vom Stadtrat konkrete Aussagen zum Forderungskatalog, zu Räumlichkeiten , zum Vorschlag die Strafverfahren gegen Verhaftete einzustellen und zum Einsatz der polizeilichen Mittel. Interessant sind auch die auseinandergehenden Vorstellungen über die Gewaltentrennung im Staat. Bezüglich der Berechtigung Forderungen zu stellen wird von einem Teilnehmer gesagt: Wir sind genug, wir können es uns leisten, Forderungen zu stellen. Die Versammlung endet mit einer beginnenden Diskussion über organisatorische Fragen der Bewegung. – Teil 3/6: Fortsetzung der Statements von Einzelpersonen und Gruppierungen der Jugendbewegung; rechtliche Informationen (Verhalten bei Verhaftung und Einvernahme, Situation von ausländischen Demonstrationsteilnehmern).
Schlagwörter
  1. politischer Rahmen
  2. politisches Leben (allgemein)
  3. politische Bewegung
  4. Jugendbewegung
  1. Recht (allgemein)
  2. Gerichtswesen
  3. Klage vor Gericht
  4. gerichtliche Anhörung
  5. Zeugenaussage
  6. Zeugnisverweigerungsrecht
Geopolitik
  1. Europa
  2. Schweiz
  3. Zürich, Kanton
  4. Zürich, Stadt
Periode
  1. Neuzeit
  2. 20. Jh.
  3. 1951-2000
  4. 1971-1980
  5. 1980
weitere Beteiligte
  1. Memoriav (Projektmitfinanzierung)
Objektträger
  1. Tonaufnahme
  2. Magnetband
  3. Kompaktkassette
Sprache
  1. schweizerdeutsch
Detailinformation
HINWEIS: DIE UNTERTEILUNG IN TRACKS BETRIFFT NUR DEN AUSLEIHBAREN, PHYSISCHEN TRÄGER (CD).

[Track 01]

00:00:00 Einlage eines unbekannten Mannes, Vortrag insbesondere mit Bezug auf Drogenproblem unter den Jugendlichen, sonst unstrukturierte Rede über einen Presseartikel, Erziehung, Drogenproblematik

00:05:55 Ende Track01

[Track 02]

00:00:00 Kurze Verwirrtheit über die letzte Rede; die Moderation meinte, der Mann halte seine Rede im Auftrag eines Jugendtreffs

00:00:18 Kurze Stellungsnahme im Namen der Jugendtreffs 12 in Schwamendingen, Anliegen der Bildung von Jugendtreffs in den Quartieren, Bitte um Unterstützen von der Jugendbewegung

00:01:30 Ende Track02

[Track 03]

00:00:00 Ein Parteimitglied der JUSO vertritt den Standpunkt seiner Partei. Er beklagt sich über die unfairen Verteilung der Finanzen zwischen Opernhaus und alternativen Kunst

00:01:02 Bekanntgabe der Lancierung einer politischen Initiative mit der Forderung, 1 Prozent des Kulturbudgets der Stadt für die Jugend reservieren;

00:01:36 Was ist unter „Gewalt“ zu verstehen? nicht nur die Ausschreitungen der Jugendlichen, sondern auch das ungenügende Engagement für die Jugendlichen und ihre Bedürfnisse (Jugendhaus, Arbeitslosigkeit nach der Lehre, Wohnungsnot);

00:03:29 Was ist „Provokation“? 1. die Operhaus-Vorlage, 2. die Aussage des Stadtpräsidenten in einem Interview, der Kulturschaffenden in der Stadt Zürich gehe es gut, 3. sowie der geplante Umbau und die damit verbunden Ausgaben des Volkshauses als reine Provokation; Forderung der Inbetriebnahmen der Roten Fabrik und der Fabrikhalle im Industriequartier

00:05:35 Ende Track03

[Track 04]

00:00:00 Stellungsnahme der Telephonzitig. Die Gruppe solidarisiert sich mit den Jugendlichen; Sprecher beklagt sich über das Verhalten der PTT, die auf Befehl der Stadt die Telefonleitungen diverser alternativen Medien unterbrochen hat;

00:01:52 Ende Track04

[Track 05]

00:00:00 Sprecherin schildert aktuelles Vorgehen der IGRF. Die Interessensgemeinschaft befindet sich mit der Stadt im Gespräch. Die IGRF wünscht sich ein Begegnungszentrum für alle.

00:02:58 Ende Track05

[Track 06]

00:00:00 Sprecherin der T-Arena bezieht kurz Stellung und betont die bisher gute Arbeit der T-Arena in der Roten Fabrik und die bisher gezeigten Fähigkeiten ihrerseits, die Rote Fabrik zu betreiben.

00:01:11 Ende Track06

[Track 07]

00:00:00 Theatervorführung mit dem Thema „Richtiges Verhalten bei Inhaftierung“. Die Schauspieler zeigen anhand des Stücks den Jugendlichen welche Rechte sie besitzen. U.a. Recht auf Aussageverweigerung, Recht auf einen Arzt, etc.

00:12:13 Ende Track07

[Track 08]

00:00:00 Moderator kündigt mehrere Anwälte an, die die Rechte der Jugendlichen bei Inhaftierung noch ein wenig präzisieren

00:00:40 Anwältin erläutert die Rechte; Haftgrund muss genannt werden, Anspruch auf medizinische Versorgung seitens des Gefängnisarztes, Verlangen eines Anwalt per Brief, Angehörige müssen benachrichtigt werden, Recht auf Spaziergänge, Bücher und Schreibzeug; Jugendliche sollen Strafgesetzbuch und Strafgesetzordnung verlangen, um sich über ihre Rechte informieren zu können; Recht nach 24 Stunden einem Haftrichter vorgeführt zu werden, U-Haft darf höchstens 14 Tage dauern, innerhalb von 2 Tagen ist ein Rekurs möglich, es ist jederzeit möglich ein Haftentlassungsgesuch zu stellen

00:06:48 Ende Track08

[Track 09]

00:00:00 Jugendlicher überreicht Anwalten eine Spendensammlung des Vortags aus der Versammlung in der Predigerkirche zur Finanzierung der Verteidigung der inhaftierten Jugendlichen

00:00:45 Ende Track09

[Track 10]

00:00:00 Ein Anwalt schildert die gesetzwidrige Behandlung seines Mandaten in der Untersuchungshaft. Schreiben wurden nicht übergeben und die Gespräche zwischen Anwalt und Mandant waren durch Polizisten eingeschränkt

00:03:27 Ende Track10

[Track 11]

00:00:00 Ein Anwalt erläutert die schlechte rechtliche Situation für Ausländer, die inhaftiert werden. Diese können per sofort abgeschoben werden.

00:00:55 Weiter erklärt der Anwalt den Zuhörern die Situation der sich noch in Untersuchungshaft befindenden Jugendlichen; er fordert Solidarität für die Inhaftierten und bittet die Gerichte, nicht übertrieben zu urteilen

00:03:51 Ende Track11

[Track 12]

00:00:00 Moderator wirbt für eine Publikation der „Roten Hilfe“, die die eben besprochene Thematik „Verhalten bei Inhaftierung“ nochmals genau beschreibt

00:00:20 Ein Jugendlicher weist zusätzlich darauf hin, bei Inhaftierung bei der Abgabe der persönlichen Gegenstände die erstellte Auflistung genau durchzusehen, bevor man sie unterschreibt. Dies um allfällig entlastende Beweise zu sichern.

00:01:18 Ende Track12

[Track 13]

00:00:00 Vertreter der ARF (Aktionsgruppe Rote Fabrik) geht auf die Hintergründe der Demonstrationen ein. Viele Treffpunkte für Jugendliche wurden geschlossen oder in ihrer Tätigkeit eingeschränkt. Er sieht die Rote Fabrik als die einzig noch übrig bleibende Möglichkeit, Jugendlichen einen Platz zu geben. Er schildert die Vorbereitungen der ARF für die Aktionen vor dem Opernhaus

00:04:14 Ende Track13

ZitationsvorschlagTonaufnahme: Urheber:in unbekannt/CD 12_2_3
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