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Interview von Franco Battel mit Peter Indermaur, 18. Jan. 2007


Objekt nur auf Anfrage verfügbar
SignaturF 1003-0003
BestandF_1003 Interviews mit homosexuellen Männern [TON]
Bestandesbeschrieb

Die Handvoll Interviews mit homosexuellen Männern, die Franco Battel realisierte, erweist sich als reichhaltige Quelle schwuler Alltagsgeschichte in der Schweiz. Die Männer – geboren in der Spanne zwischen den 1920er und 1940er Jahren – geben freimütig Auskunft über ihre Herkunft und ihre Beziehungen. Die Interviews orientieren sich an der Biografie der Männer und führen schlagartig vor Augen, welch gewaltige gesellschaftliche Veränderungen sich im letzten halben Jahrhundert ereignet haben. Beispielhaft dafür kann die Beziehungsanbahnung sein, die – wenn sie nicht in den spärlich vorhandenen, gegen die heterosexuelle Gesellschaft hermetisch abgeriegelten Treffpunkten stattfand – oft wesentlich komplexer ablief als heute, von der Gunst des Zufalls oder langen Durststrecken geprägt war. Angesprochen werden auch Themen wie Coming out, kulturelles und politisches Engagement, gesellschaftliche Diskriminierung und Repression oder AIDS. Drei Interviews sind online verfügbar, die beiden anderen sind vorläufig aus personenschutzrechtlichen Gründen noch gesperrt.

Die Handvoll Interviews mit homosexuellen Männern, die Franco Battel realisierte, erweist sich als reichhaltige Quelle schwuler Alltagsgeschichte in der Schweiz. Die Männer – geboren in der Spanne zwischen den 1920er und 1940er Jahren – geben… — mehr...

AbstractPeter Indermaur wurde 1941 in Rheineck (SG) geboren und verbrachte dort auch seine Kindheit und Jugend, zusammen mit seinem um zwei Jahre jüngeren Bruder. Seine Eltern führten eine Bäckerei/Konditorei. Die Situation zu Hause war nicht einfach, da der Vater psychisch krank war. Indermaur war froh, 1957 von zu Hause ausziehen zu können, um eine Kochlehre in Rorschach zu beginnen. Er erzählt, dass er eigentlich gerne Lehrer geworden wäre, dazu sei er aber „zu wenig klug“ gewesen. In Rorschach begann seine „labile“ Phase, die nach seiner Einschätzung im Alter von ca. 15 Jahren anfing und mit ca. 20 Jahren endete. In dieser Zeit war er stark auf der Suche, besonders in Bezug auf seine sexuelle Orientierung. Bereits im Alter von 13 Jahren hatte er erste Kontakte zu einem älteren Mann, diese waren auf das Sexuelle beschränkt und dauerten etwa fünf bis sechs Jahre. Ein Wendepunkt in seinem Leben war die Zeit in Amsterdam, wo er 1961 - inzwischen hatte er seine Ausbildung beendet - ein halbes Jahr lebte und im „Chalet Suisse“ arbeitete. Er tauchte in die dortige Schwulenszene ein und verkehrte in den einschlägigen Bars und Clubs. Zurück in der Schweiz versuchte er dennoch, eine Beziehung zu einer Frau aufzubauen. Dies misslang aber, da es ihm unmöglich war, sich sexuell auf sie einzulassen. 1964 bekannte er sich gegenüber seinen Eltern offen zur Homosexualität, in diesem Jahr zog er auch nach Basel. Sein Bruder, der ebenfalls homosexuell war, lebte bereits dort. In Basel begann Indermaur eine kaufmännische Schule, und privat fing er an, sich in der Basler Homosexuellenszene zu engagieren. Er wurde Mitglied im „Isola Club“, in dem er sich über 20 Jahre aktiv betätigte, zuerst als DJ, dann als Mitglied des Vorstands und Eintrittskontrolleur. In seiner Anfangszeit in Basel lernte Indermaur auch seinen Partner kennen. Indermaur erzählt, dass die Besucher des Homosexuellen-Clubs „Isola“ zum Teil von weit her anreisten, aus der ganzen Schweiz, aus dem Elsass und aus Deutschland. Nebst diesem Club gab es noch zwei bis drei Bars in Basel, in denen die Homosexuellen damals verkehrten. In den 1970er Jahren wurde die HABS (Homosexuelle Arbeitsgruppen Basel) gegründet. Indermaur interessierte sich für den Verein, da dieser – anders als der „Club Isola“ – sich auch politisch engagierte. Er wurde Mitglied der HABS, jedoch nicht aktives, dies sei aufgrund seiner aktiven Tätigkeit beim „Club Isola“ nicht möglich gewesen. In der HABS lernte Peter Indermaur auch lesbische Frauen kennen. Ihr politisches Engagement hätte ihn beeindruckt, da im „Club Isola“ nur wenige Frauen verkehrt hätten, und diese seien nicht politisch aktiv gewesen. Auf die Thematik „AIDS“ angesprochen erzählt Indermaur, er sei Anfang der 1980er Jahre mit seinem Partner in die USA gereist und hätte da zwar von der Erkrankung gehört, sich aber nicht bewusst mit dem Thema befasst. Zurück in der Schweiz hätten er und sein Partner sich für einen HIV-Test in der Dermatologischen Klinik in Basel zur Verfügung gestellt, glücklicherweise sei der Test bei beiden negativ ausgefallen. In den folgenden Jahren erkrankten und starben aber viele Bekannte und Freunde, so der Partner seines Bruders und 1994 sein Bruder selbst. Peter Indermaur begleitete seinen Bruder während dessen letzter Zeit, dank einem guten Beziehungsnetz konnte dieser in den letzten Monaten zu Hause gepflegt werden und auch dort sterben. Ein Highlight in Peters Leben war seine Mitarbeit an der Ausstellung „Männergeschichten“, die sich Ende der 1980er Jahre als erste Ausstellung mit der Geschichte schwuler Männer befasste.
Urheber
  1. Battel, Franco
Copyright
Schlagwörter
  1. Recht (allgemein)
  2. Rechte und Freiheiten
  3. Kampf gegen die Diskriminierung
  4. sexuelle Diskriminierung
  5. sexuelle Minderheit
  1. soziale Fragen
  2. Gesundheit
  3. Krankheit
  4. AIDS
Periode
  1. Neuzeit
  2. 21. Jh.
  3. 2001-2050
  4. 2001-2010
  5. 2007
Personen
  1. Indermaur, Peter (1941-2023)
Objektträger
  1. Tonaufnahme
  2. Compactdisc CD
Sprache
  1. schweizerdeutsch
Archivbezugschwulenarchiv schweiz
ZitationsvorschlagTonaufnahme: Battel, Franco/F 1003-0003
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